Matrix-Strukturen und Betriebsverfassungsrecht – „Einstellung“ zwar „top-down“, aber nicht „bottom-up“?

Das Bundesarbeitsgericht hatte in der Entscheidung vom Sommer diesen Jahres (Bundesarbeitsgericht, Beschl. v. 26.05.2021 – 7 ABR 17/20) darüber zu entscheiden, ob Arbeitnehmer eines anderen Betriebs betriebsverfassungsrechtlich demjenigen Betrieb zuzurechnen sind, dem der Vorgesetzte mit der fachlichen Weisungsmacht gegenüber den Arbeitnehmern aus dem anderen Betrieb angehört.
Der besseren Verständlichkeit spreche ich im Weiteren von den Standorten Stuttgart und Hannover und nenne den Fachvorgesetzten „Volker“. Volker sitzt in Hannover, die seiner fachlichen Führung unterworfenen Arbeitnehmer in Stuttgart.
Vor rund zwei Jahren hatte das BAG noch entschieden (Bundesarbeitsgericht, Beschl. v. 22.10.2019 – 1 ABR 13/18), dass Volker aus Hannover als eingestellt gem. § 99 Abs. 1 BetrVG in den Betrieb in Stuttgart anzusehen ist. Denn dort säßen die ihm weisungsunterworfenen Arbeitnehmer und mit seinem Beitrag – Ausüben der fachlichen Weisung – würde Volker den arbeitstechnischen Zweck des Betriebs in Stuttgart fördern, all dies genüge für den Einstellungsbegriff gem. § 99 Abs. 1 BetrVG. Dass Volker seine fachliche Weisungsmacht von einem anderen Standort aus „lebe“, oder gar von einer anderen Legaleinheit aus geschieht, steht dem nicht entgegen.
Diese auf den ersten Blick merkwürdig anmutende Vorstellung, wonach jemand betriebszugehörig zu einem (deutschen) Betrieb ist, der äußerstenfalls von einem anderen Unternehmen auf der anderen Seite der Weltkugel aus agiert, hat sich zwischenzeitlich weitgehend gesetzt.

Bedeutung hat diese Rechtsfrage auch für die im Frühjahr 2022 anstehenden Betriebsratswahlen und zwar hinsichtlich des Wahlrechts, sowohl aktiv, wie auch passiv. Trivial ist dies in der konkreten Umsetzung nicht, steht doch der Wahlausschuss u.a. vor der großen Herausforderung, zu prüfen, ob die „Volkers der Welt“ Leitende Angestellt sind, oder nicht. Denn wenn Volker ein „echter“ Leitender Angestellter ist, dann ist er für die beteiligten Betriebsräte sozusagen betriebsverfassungsrechtlich außen vor. Natürlich kann die Frage „Leitender Angestellter – Ja/Nein“ auch außerhalb von Betriebsratswahlen im Rahmen eines sogen. Statusverfahrens geprüft werden. Volker ist dabei übrigens – zwingend – Beteiligter des Feststellungsverfahrens. Für manch einen Wahlvorstand wird diese Frage mit besonderem Augenmerk betrachtet werden, wenn es z.B. um Schwellenwerte im BetrVG geht, so etwa bzgl. der Anzahl der Sitze im Betriebsratsgremium oder hinsichtlich Freistellungen.

Offen war bislang die Frage, ob die Arbeitnehmer aus Stuttgart als zugehörig zu dem Betrieb in Hannover anzusehen sind. Natürlich eine Fragestellung, die die beteiligten Betriebsratsgremien besonders tangiert, sowohl den Betriebsrat in Hannover, als auch den Betriebsrat in Stuttgart.

Das BAG stellte in der Entscheidung vom Sommer 21 zunächst auf den üblichen Betriebsbegriff ab. Zwar könnten Arbeitnehmer, die in standortübergreifenden Teams einen einheitlichen arbeitstechnischen Zweck verwirklichen, ggf. zu einem Betrieb zählen. Das BAG hat dabei offenbar aber einen einzigen Betrieb im Sinn.
Problematisch war allerdings die Frage der tatsächlichen Eingliederung der Arbeitnehmer in den Betrieb in Hannover. „Für die Eingliederung in einen Betrieb ist eine Bindung an die Weisungen einer Führungskraft in diesem Betrieb nicht erforderlich. Die Unterstellung eines in einem Betrieb tätigen Arbeitnehmers unter das fachliche Weisungsrecht eines in einem anderen Betrieb ansässigen Vorgesetzten führt nicht zur Ausgliederung des Arbeitnehmers aus seinem bisherigen Beschäftigungsbetrieb und zur Eingliederung in den Beschäftigungsbetrieb des Vorgesetzten“, so das BAG ausdrücklich. „Vielmehr liegt nach der Rechtsprechung des Ersten Senats des Bundesarbeitsgerichts zur personellen Mitbestimmung in einem solchen Fall eine Einstellung iSv. § 99 BetrVG und damit eine Eingliederung des Vorgesetzten in den Betrieb der ihm unterstellten Arbeitnehmer vor, da durch die Wahrnehmung der Führungsaufgaben (auch) der arbeitstechnische Zweck des Betriebs verwirklicht wird, in dem die ihm unterstellten Mitarbeiter tätig sind.“ Je nachdem, in wie vielen Betrieben Volker Fachvorgesetzter ist, kann – jeweils(!) – vor Ort in dem Betrieb eine Einstellung gem. § 99 Abs. 1 BetrVG vorliegen mit dem für Außenstehende kuriosen Ergebnis, dass es sich bei Volker zwar um eine einzige natürliche Person handelt, er aber bildhaft gesprochen bei identischem Lebenssachverhalt als mehrfach eingestellt (in mehreren Betrieben) anzusehen ist.

Im Ergebnis ist folglich der Betriebsrat Hannover, also derjenige Betrieb, in dem Volker beheimatet ist, nicht zuständig für die Volker „untergebenen“ Arbeitnehmer des Betriebs in Frankfurt.

So weit, so gut. Allerdings erscheint es Überdenkens wert, einerseits anzunehmen, Volker könne mehrfach eingestellt werden (= „top-down-Ansatz“), aber wie vom BAG in der dargestellten Entscheidung geschehen abzulehnen, dass jeweils von ihm fachlich angewiesenen Arbeitnehmer in „dem Volker-Betrieb“ gleichermaßen eingestellt werden können (= „bottom-up-Ansatz“ oder „Ausgliederung“ wie vom BAG formuliert). Insoweit hat das BAG zwar einem „Überkreuz-Einstellungs-Sachverhalt“ (iSv. Volker aus Hannover eingestellt in Frankfurt und die Arbeitnehmer aus Frankfurt eingestellt in Hannover) eine eindeutige Abweisung erteilt. Dieser Ansatz scheint gut zu ordnen im Sinne eines „top-down = ja“, aber kein „bottom-up“. Dem liegt die Annahme des BAG zugrunde, die Arbeitnehmer aus den „unteren“ Betrieben würden durch ein bloßes fachliches Angewiesen werden durch Volker den arbeitstechnischen Zweck des „Volker-Betriebs“ (Hannover) nicht fördern, sondern Volker fördere den arbeitstechnischen Zweck desjenigen Betriebs, von dem aus die ihm fachlich unterworfenen Arbeitnehmer tätig sind. Zwingend erscheint dies aus meiner Sicht aber keineswegs. Denn vielleicht liegt die Besonderheit von gelebten Matrix-Strukturen auch gerade darin, dass die einer Matrix-Struktur innewohnenden „Spreizung“ (einerseits fachliche Führung, andererseits disziplinarische Führung) betriebsverfassungsrechtlich auch bewirken kann, in dem Leben einer fachlichen Führung einen eigenen Teilbereich des arbeitstechnischen Zwecks des „Volker-Betriebs“ in Hannover zu sehen, getreu dem Motto: „Was ist ein König ohne Volk?“ Kann das Volk nicht im „Sprech“ des BAG „ausgegliedert“ werden in den Königs-Betrieb von Volker, jedenfalls solange der König „fachliche Weisungen“ von Hannover ausgehend ausspricht? Hierbei offenbart sich eine etwas altertümlich wirkende Annahme des BAG in Richtung eines „Einmal Betriebsangehörig = immer Betriebsangehörig“ bzgl. der Mitwirkung an der Verwirklichung eines arbeitstechnischen Zwecks. Für die Frage der „richtigen“ Betriebszugehörigkeit scheint es lt. BAG nicht schädlich zu sein, dass die fachliche Führung außerhalb des Betriebs angesiedelt ist. Das ist schon ein Pfund, stellt doch die „personelle Leitungsmacht“ bislang einen bedeutsamen Anknüpfungspunkt dar. Die moderne Wirklichkeit, wie sie sich in Matrix-Strukturen oder auch Agilen Arbeitsformen abspielt, offenbart aber bei Lichte betrachtet, dass das Mitwirken an der Verwirklichung arbeitstechnischer Zwecke seitens der Arbeitnehmer durchaus auch zu Zugehörigkeiten zu mehreren Betrieben führen kann. Warum sollte dies nicht möglich sein: Etwa einmal eingestellt gem. § 99 BetrVG im Betrieb der disziplinarischen Führung und ein zweites Mal eingestellt gem. § 99 BetrVG in dem Betrieb der fachlichen Führungskraft. Dies erscheint m.E. nicht exotischer als anzunehmen, Arbeitnehmer aus Frankfurt würden den arbeitstechnischen Zweck des Frankfurter Betriebs fördern, obwohl und trotzdem Volker als Fachvorgesetzter im Betrieb Hannover sitzt.

 

Dr. Bergmann zu Kurzarbeit & Corona, “Klappe die Zweite”: Was müssen Arbeitgeber, Betriebsräte und Arbeitnehmer beachten?

Arbeitsrecht aktuell: Corona-Virus und Arbeitnehmer – was tun?

In Asien nahm er seinen Lauf, über Italien und Österreich scheint er rüber nach Deutschland zu schwappen.
Was bedeutet dies für Arbeitnehmer in Deutschland?
Fragen stellen sich in mehrfacher Hinsicht. Etwa: Muss ich zur Arbeit gehen, wenn ich fürchte, unterwegs oder auf der Arbeit angesteckt zu werden? Kann mich der Arbeitgeber nach Hause schicken oder mich nicht in die Firma lassen? Und kann er mich verpflichten, von zu Hause aus zu arbeiten? Welche Rolle spielt mein Hausarzt bei dem Ganzen? Und der Betriebsrat, so es denn einen gibt?
Stellen wir uns den folgenden Beispielsfall vor: Max Mustermann kommt von einem Kurzurlaub aus Italien und kehrt zurück an seinen Arbeitsplatz. Genauso wie seine Kollegin Claudia, die war in China. Als der Vorgesetzte mitbekommt, dass beide die Arbeit im Büro aufnehmen werden, fürchtet er eine Ansteckung von Kolleginnen und Kollegen im Büro mit dem Corona-Virus. Also sagt er Max und Claudia, bitte nicht ins Büro zu kommen, sondern bis auf Weiteres von zu Hause aus zu arbeiten. Darf das der Arbeitgeber? Ändert sich etwas, wenn es einen Betriebsrat gibt? Anderer Fall: Agnes ist Einkäuferin, sie soll zur internationalen Messe nach Frankfurt. Dort stellen auch Chinesen aus. Sie hat Sorge, sich anzustecken.
Wir Deutschen gelten als gründlich und sorgfältig. Aber im Fall des Corona-Virus scheint nicht jede Firma gut vorbereitet zu sein. Zunächst gilt es zu berücksichtigen, dass im Arbeitsrecht hinsichtlich der Gesundheit nur ein geradezu binärer Zustand existiert: Entweder man ist krank. Oder man ist nicht krank, sondern gesund. Ob man krankt ist, fühlt man ggf. individuell, spätestens ein Arzt stellt es fest. Das Problem aber dabei: Der Arzt kann nur Arbeitsunfähigkeit feststellen, wenn es auch Symtome gibt. Ohne Symtome keine Arbeitsunfähigkeit. Und bei dem Corona-Virus besteht das Problem in der Karenzzeit. War anfänglich noch die Rede von einem Zeitfenster von zehn Tagen, so sind zwischenzeitlich zwei bis drei Wochen im Gespräch, bevor Beschwerden auftreten. Geht man also zum Arzt, ohne Beschwerden zu haben, kann der einem nicht wirklich helfen. Einen Impfstoff gibt es nicht. Und da es keine Symtome gibt, kann er auch nicht krank schreiben. Und dies, obwohl der Erreger vielleicht schon im Körper ist, nur hat er sich eben noch nicht “frei entfaltet”. Dies mag der Grund für manch Arbeitgeber sein, den Arbeitnehmer nach Hause zu schicken und von dort arbeiten zu lassen.
Ob allerdings von zu Hause aus gearbeitet wird, kann nicht einseitig vom Arbeitgeber angeordnet werden. Eine solche Weisung wäre nicht vom arbeitgeberseitigen Direktionsrecht gedeckt (§ 106 GewO). Die Arbeit von zu Hause aus ist nämlich nur dann möglich, wenn beide Vertragsparteien einverstanden sind. Ist der Arbeitnehmer nicht damit einverstanden, dann muss der Arbeitnehmer auch nicht von zu Hause aus arbeiten. Es gibt unterschiedliche Gründe, warum der Arbeitnehmer nicht damit einverstanden sein könnte, von zu Hause aus zu arbeiten. Hat er dort überhaupt eine entsprechende Infrastruktur? Also nicht nur das dienstliche Tablet oder Laptop und Smartphone, sondern auch einen freien und ungestörten Arbeitsplatz in seiner Wohnung? Also Tisch, Stuhl, Drucker etc., alles irgendwie angebunden an das Firmennetzwerk? Und wie verhält es sich mit dem verbrauchten Strom und der Versicherung? Noch komplexer wird es, wenn es im Betrieb auch noch einen Betriebsrat gibt. Denn die Frage, ob Arbeiten nur vom Büro aus oder auch von zu Hause aus erledigt werden, unterliegt der Beteiligungspflicht des Betriebsrats. Es handelt sich u.a. um eine Ordnungsfrage im Sinne des § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG. Problematisch ist es immer dann, wenn in der Vergangenheit zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat noch keine Betriebsvereinbarung zum dezentralen Arbeiten, zum telebasierten Arbeiten oder gar dem sogen. Homeoffice abgeschlossen wurde. Denn dann steht der Arbeit von zu Hause aus nicht nur der ggf. fehlende Wille des Mitarbeiters im Weg, sondern auch die fehlende Beteiligung des Betriebsrats, die in einer unterschriebenen Betriebsvereinbarung mündet. Dies kann gerade jetzt zu einem echten Problem werden, zumal sich manch Arbeitgeber immer noch weigern, Mitarbeiter zumindest einzelne Tage von zu Hause aus arbeiten zu lassen (Angst vor Kontrollverlust?). Jetzt in Zeiten des Corona-Virus kann dies dem Arbeitger schnell auf die Füße fallen.
Anders gewendet: Den Betriebsparteien ist der dringende Tipp zu geben, jetzt möglichst schnell eine Betriebsvereinbarung zu verhandeln, die die Verrichtung von Arbeiten außerhalb der Büroräumlichkeiten zum Inhalt hat.
Gibt es keine entsprechende Betriebsvereinbarung und ist der Mitarbeiter nicht freiwillig bereit, von zu Hause aus zu arbeiten, hat der Arbeitgeber entweder die Möglichkeit, den tatsächlich oder vermeintlich infizierten Mitarbeiter ins Bürogebäude an dessen Arbeitsplatz zu lassen und in Kauf zu nehmen, dass weitere Kolleginnen und Kollegen infiziert weden. Oder er lehnt dankend ab und sagt, die Arbeitsleistung des Mitarbeiters nicht abzunehmen. Dann befindet er sich als Arbeitgeber im sogen. Annahmeverzug, muss also trotz Ausbleiben der Arbeitsleistung den Lohn weiterzahlen. Der Arzt hilft an dieser Stelle nicht viel, da er mangels Symtomen nicht krankschreibt. Bei Vorliegen von Annahmeverzug des Arbeitgebers spielt es dann auch keine Rolle, ob der Mitarbeiter kürzer oder länger als drei Tage krank ist.
All dies sind Gesichtspunkte, die in einer abstrakt generell gehaltenen Betriebsvereinbarung geregelt werden sollten. Wo es keinen Betriebsrat gibt, sollte eine allgemeingültige Verfahrensanweisung ausgegeben werden.

 

Dr. Bergmann zur DSGVO als Haftungsrisko für den Betriebsrat …?

Paukenschlag: Im September hatte der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber angekündigt, dass auch deutsche Aufsichtsbehörden nach ersten Warnschüssen bald Sanktionen auf Basis der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) in Millionenhöhe verhängen würden. Mitte Dezember 2019 hat der Kontrolleur selbst durchgegriffen und die 1&1 Telecom GmbH mit einer Geldbuße in Höhe von 9.550.000 Euro belegt.

Der Telekommunikationsdienstleister, zu dessen Konzernverbund etwa auch die von dem Fall nicht betroffenen Mail-Anbieter Web.de und GMX gehören, hatte Kelber zufolge “keine hinreichenden technisch-organisatorischen Maßnahmen” zum Schutz von Kundendaten ergriffen.

Hintergrund des Ganzen ist eine aus Sicht der Aufsichtsbehörde vorgehaltenen zu einfachen Authentifizierungsverfahrens. Die Geldbuße bewege sich am unteren Rand des möglichen.

So weit, so gut. Aber was hat das jetzt mit dem Betriebsrat zu tun?

Nun, hält man sich vor Augen, dass die Geldbuße gegen die 1&1 Telecom GmbH – abstrakt gesprochen und vereinfacht ausgedrückt – verhängt wurde, weil gegen die Vorschriften der DSGVO verstoßen wurde, gesellt sich schnell ein anderer Fall hinzu, der in dieselbe Kerbe schlägt: In einem weiteren Verfahren ging es um die unterbliebene Benennung des betrieblichen Datenschutzbeauftragten. Dabei handelt es sich um den Telekommunikationsanbieter Rapidata, dieser wurde mit einem Bußgeld in Höhe von 10.000 Euro belegt, da die Firma ihrer “gesetzlichen Auflage nach Artikel 37 DSGVO zur Benennung des betrieblichen Datenschutzbeauftragten trotz mehrmaliger Aufforderung nicht nachgekommen ist”. Bei der Höhe der Sanktion habe man berücksichtigt, dass es sich um ein “Kleinstunternehmen” handele.

Wir halten also fest: 1&1 wird wegen zu lascher Sicherheitsstandards zu knapp 10 Mio€ verdonnert, Rapidata zu 10.000 Euro, weil ein Datenschutzbeauftragter nicht bestellt wurde.

Das Problem: Es wird zur Zeit heftig diskutiert, ob der Betriebsrat als “eigener Verantwortlicher” im Sinne der DSGVO gilt. Die Formulierung in Art. 4 Nr. 7 DSGVO legt dies nahe, heißt es doch dort, dass “Verantwortlicher” im Sinne der Vorschrift ist,

“… die natürliche oder juristische Person, Behörde, Einrichtung oder andere Stelle, die allein oder gemeinsam mit anderen über die Zwecke und Mittel der Verarbeitung von personenbezogenen Daten entscheidet.” (Hervorhebung diesseits)

Zu bedenken: Wäre der Betriebsrat zukünftig als eigener Verantwortlicher im Sinne der DSGVO bzw. des BDSG anzusehen, hätte dies für die Praxis weitreichende Folgen:

  1. Der Betriebsrat wäre Adressat zahlreicher datenschutzrechtlicher Verpflichtungen, müsste also beispielsweise selbst die Mitarbeiter über seine Datenverarbeitung informieren, ein eigenes Verzeichnis der Verarbeitungstätigkeiten führen, an ihn gerichtete Auskunftsansprüche der Mitarbeiter beantworten und eigene Löschkonzepte umsetzen.
  2. Jedenfalls größere Betriebsräte mit 20 oder mehr Mitgliedern (Merke: Neuregelung 20 statt bislang 10 seit 11/2019, vgl. § 38 I S. 1 BDSG n.F.) müssten einen eigenen Datenschutzbeauftragten bestellen(!). Achtung: Dabei ist keineswegs Entwarnung für Gremien mit einer Größe unterhalb von 20 angesagt. Denn ein Datenschutzbeauftragter muss auch bei kleineren Größen (“schwellenwertunabhängig”) dann bestellt werden, wenn Verarbeitungen erfolgen, die einer Datenschutz-Folgenabschätzung unterliegen (Art. 35 DSGVO) und hierunter fallen z.B. auch Gesundheitsdaten (Art. 9 DSGVO). Und ebensolche Gesundheitsdaten werden nicht unerheblich im Rahmen des sogen. Betrieblichen Eingliederungsmanagements verarbeitet, auch BEM genannt. Oder im Rahmen der Arbeit der Schwerbehindertenvertretung.
  3. Der Betriebsrat wäre als datenschutzrechtlich Verantwortlicher insoweit auch als rechtsfähig einzustufen und könnte im Falle eines Datenschutzverstoßes Adressat eines entsprechenden Bußgeldbescheides sein. Zwar ist der Betriebsrat als Gremium grundsätzlich nicht vermögensfähig, die Haftung könnte allerdings zumindest bei grob fahrlässigen Datenschutzverstößen einzelne Betriebsratsmitglieder treffen.

Heißt dies nun, dass Betriebsräte demnächst einen Bußgeldbescheid befürchten müssen? Laut Dr. Bergmann ist dies nicht von vornherein ausgeschlossen. Aus der Netzwerkarbeit wisse man, dass im Prüfkatalog manch einer Aufsichtsbehörde auch eine Frage enthalten ist, ob es

(a) einen Betriebsrat gibt, der

(b) mehr als zehn Mitglieder habe bzw. die Verarbeitung von Gesundheitsdaten betreibe.

Solch eine Frage in einem Prüfkatalog der Aufsichtsbehörde kommt nicht von ungefähr. Natürlich ist klar, dass der Betriebsrat selbst nicht vermögensfähig ist. Aber seit der Entscheidung des Bundesgerichtshofs hinsichtlich der Haftung von Honoraren für Sachverständige des Betriebsrats ist klar, dass einzelne Betriebsratsmitglieder persönlich haften können(!). In diesen Fällen ist durchaus wichtig zu wissen, wer bei Abstimmungen bei welchen Fragen auch immer die Hand gehoben hat, aber auch, wer ggf. verpflichtet ist, bestimmte Fragen zur Abstimmung zu bringen.

Betriebsräte sollten sich wappnen“, so Dr. Bergmann, jedenfalls diejenigen Gremien, die aktiv ein BEM-Verfahren betreiben (Hand aufs Herz: welches Gremium tut dies nicht?!), spätestens dann, wenn 20 und mehr Mitglieder im Gremium sind. “Nichts tun ist die schlechteste Variante”. “Die zweitschlechteste ist, darauf zu vertrauen, dass der Arbeitgeber auch für den Haftungsbescheid gem. § 40 BetrVG aufkommt.” Er rät, sich fachkundigen Rat einzuholen. “Wir haben kanzleiintern unter Federführung von Ulf Lappe einen eigenen Ansatz erarbeitet, der mögliche eigene Haftungsszenarien von Betriebsräten wegen der DSGVO handhabbar erscheinen lässt. Hierzu ist aber eine enge Abstimmung mit mehreren Institutionen im Haus vonnöten” zeigt sich Dr. Bergmann zuversichtlich.

Frankfurt: Dr. Bergmann übernimmt überparteiliche Moderation/Mediation

Raum Frankfurt: Jüngst hat Dr. Bergmann den Zuschlag für die Übernahme der überparteiligen Moderation/Mediation zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat übernommen.

Das Unternehmen ist mittelständisch und im Bereich Metallverarbeitung Marktführer. Der Vertrieb soll in eine eigenständige Vertriebsgesellschaft ausgegründet werden. “Wir wollen uns nicht streiten.” Und: “Niemand soll Nachteile erleiden”. Doch das ist einfach gesagt. An was muss man denken? Was sind die versteckten Risiken? Hierzu hat sich Dr. Bergmann bereit erklärt, mit offenem Visier umfassend Arbeitgeber und Betriebsrat aufzuklären und aufzuzeigen, welche Wege der Umsetzung es gibt. Zunächst gegenüber den Betriebsparteien, mit getrennten Gesprächen, gemeinsamen Sitzungen etc..

Dann im Rahmen einer Betriebsversammlung gegenüber der Belegschaft.

Dr. Bergmann anlässlich BAG 22.10.2019 zu: Einstellung von Führungskräften an mehreren Standorten …

Dr. Bergmann zur Einstellung von Führungskräften an mehreren Standorten

Organisationsformen im Arbeitsrecht werden immer dezentraler und betriebsübergreifend. Dies stellt die Akteure im Betriebsverfassungsrecht oftmals vor große Herausforderungen. Man denke an Matrixstrukturen und die im Ausland ansässige Führungskraft, die die fachliche Führung für deutsche Mitarbeiter innehat. Nach dem Bundesarbeitsgericht eine Einstellung gem. § 99 I BetrVG. War diese Feststellung ein Paukenschlag, so gibt es eine neuere Entscheidung des Bundesarbeitsgericht aus Oktober (BAG v. 22.10.2019 – 1 ABR 13/18), die nach dem Paukenschlag zumindest einen konsequenten Trommelwirbel darstellt.

Ein Unternehmen unterhält Standorte in München, Hannover und Hamburg. Jeder dieser Standorte hat einen lokalen Betriebsrat. Der Arbeitgeber stellt Ludger als Leiter für den Geschäftsbereich Personal ein. Laut Arbeitsvertrag ist der Dienstort von Ludger München, dort hat er auch ein Büro. Ludger hat als Bereichsleiter Personal aber nicht nur Personalverantwortung für Personaler in München, sondern auch gegenüber Mitarbeitern in Hannover und Hamburg. Dem entsprechend nimmt er seine Aufgabe auch tageweise in Hannover und Hamburg wahr.

Wie so oft wird zur Einstellung des Ludger nur der Betriebsrat nur in München angehört. Nicht hingegen der in Hannover und Hamburg. Hiergegen wandte sich der Betriebsrat in Hannover und Hamburg und bekam Recht zugesprochen. Auch sie hätten gem. § 99 BetrVG beteiligt werden müssen, so das Bundesarbeitsgericht. Das Innehaben der fachlichen Führung für Mitarbeiter an anderen Standorten führt zu einer „Eingliederung“ an diesen anderen Standorten, dies wiederum mit der Folge, dass die Führungskraft an allen(!) Standorten mit Betriebsrat als eingestellt gem. § 99 I BetrVG anzusehen ist. Die für eine Einstellung erforderliche Eingliederung erfordert kein Verrichten der Arbeit auf dem Betriebsgelände. Entscheidend ist vielmehr, ob der Arbeitgeber mit Hilfe des Arbeitnehmers den arbeitstechnischen Zweck des jeweiligen Betriebs verfolgt.

Auch diese Entscheidung ist in der Praxis von sehr großer Bedeutung. In den allermeisten Fällen erfolgt die Anhörung des Betriebsrats nur an einem Standort. Mehrere Betriebsräte anzuhören fühlt sich für die allermeisten Personalabteilungen “wesensfremd” an, getreu dem Motto: “Ich habe nur eine natürliche Person – wie soll ich diese 3 x einstellen können?” Hierzu kann man nur sagen: “Doch – das geht”. Denn es kommt weder auf die Anzahl der Arbeitsverträge, noch darauf an, wo der Hauptarbeitsort ist. Entscheident ist das Innehaben der fachlichen Führungsverantwortung. Und wenn diese an mehreren Standorten “greift”, dann hat dies auch betriebsverfassungsrechtliche Implikationen. Natürlich kann dies in der Praxis zu Problemen führen. Der eine Betriebsrat stimmt zu. Mindestens ein anderer stimmt nicht zu. Was dann? Dann liegt der Frosch im Kakao und es gilt zu sehen, wie alle Standort-Betriebsräte harmonisiert werden können. Zuvorderst hilft erfahrungsgemäß, wenn die übrigen Betriebsräte “gesehen” werden, man also bei dem Einstellungsprozess gem. § 99 BetrVG an sie denkt. Obacht gilt, wenn Personalabteilungen meinen, die Führungskraft sei ja Leitender Angestellter. Denn diese Latte liegt bekanntlich hoch: Im Arbeitsvertrag müssen die maßgeblichen Rechte (vgl. § 5 III BetrVG) verbrieft sein – und das ist in aller Regel nicht der Fall.

Dr. Bergmann blogt… Überstundenzuschläge für Teilzeitmitarbeiter

Teilzeit und Überstunden – Chancen für Arbeitnehmer, Risiken für Arbeitgeber, Handlungspflichten für Betriebsräte und Personalräte

In Deutschland arbeiten viele Arbeitnehmer in Teilzeit, häufig wegen der eigenen Kinder oder aus anderen Motiven. Mitunter wird mal länger gearbeitet, als dies eigentlich im Arbeitsvertrag vereinbart ist. Fraglich ist dann, welche Ansprüche der Arbeitnehmer geltend machen kann. Zeitausgleich? Oder hinsichtlich der Mehrstunden eine Vergütung zeitanteilig mit dem Grundlohn? Oder diesbezüglich nicht nur den Grundlohn, sondern mit Zuschlag versehen, also mit „Überstundenzuschlag“?

Mehrarbeit und Überstunden

Die Sprache der Arbeitsrechtler ist für den Nichtjuristen manchmal verwirrend. Gemeinhin wird unterschieden zwischen „Mehrarbeit“ einerseits und andererseits „Überstunden“. Stringent wird dies nicht immer verwendet, oft liest man aber, Überstunden seien die Zeit jenseits eines Vollzeitkontingents, also mehr also 37 oder 40 Stunden pro Woche. Und Mehrarbeit sei die Zeit, die über ein vereinbartes Teilzeitkontingent bis zur Grenze der Vollzeitarbeit hinausgehen.

Der Beispielsfall: Tatjana und Viktor

Tatjana hat einen Teilzeitvertrag mit 20 Wochenstunden. Viktor mit 40 Wochenstunden. Auf die Arbeitsverhältnisse findet ein Tarifvertrag Anwendung, der für den Fall von Überstunden einen Zuschlag von 25% vorsieht. Für Teilzeitler gibt es eine Regel, nach der der Überstundenzuschlag nur und erst dann beanspruch werden kann, wenn in der Woche mehr als 40 Stunden gearbeitet werden. Arbeitet Tatjana also mal 25 Wochenstunden und damit 5 Stunden pro Woche mehr, als im Arbeitsvertrag vereinbart, so bekommt sie nach den Vorgaben des Tarifvertrags diese zusätzlichen Stunden nur zeitanteilig mit dem Grundlohn vergütet. Aber eben nicht mit einem Zuschlag von 25% versehen, da sie in der Woche ja nicht mehr als 40 Stunden gearbeitet hat. Wenn nun aber Viktor anstelle von 40 mal 45 Wochenstunden arbeitet, so erhält er die 5 zusätzlichen Wochenstunden mit einem Aufschlag von 25% vergütet. So nach dem Tarifvertrag. Und übrigens nicht nur nach dem Tarifvertrag im Beispielsfall. Sondern nach den Tarifverträgen der letzten Jahrzehnte, die sich allesamt in diesem Punkt nicht unterscheiden. Überflüssig zu erwähnen, dass auch der Tarifvertrag für den Öffentlichen Dienst (TVöD) solch eine Regelung enthält. Hunderttausende Teilzeitarbeitnehmer sind also betroffen.

Die Frage nach des Pudels Kern lautet also: Ist es gerecht, dass Viktor 5 Stunden mit einem Zuschlag von 25 % beanspruchen kann, Tatjana hingegen nicht?

Das Bundesarbeitsgericht im Wandel der Zeit

Lange befanden die obersten Arbeitsrichter die obige Situation für in Ordnung. Zwei Argumente wurden dafür vorgebracht. Erstens erhält Viktor für die Stunde 21 bis 25 auch keinen Überstundenzuschlag von 25%, warum also Tatjana? Und zweitens wurde die Differenzierung für rechtmäßig erachtet, weil der Überstundenzuschlag für besondere Belastungen gedacht sei, wer in der Woche länger als ein Vollzeitkontingent arbeitet, sei besonders belastet und das verdiene einen Zuschlag. Bespricht man dies im Kreis von Nichtjuristen, schlägt einem regelmäßig ein „Bitte was?“ entgegen. Nichtjuristen führen regelmäßig an, diese beiden Argumente nicht für schlüssig zu halten. Denn es sei doch angemessener auf das individuelle Stundenkontingent zu schauen, also die 20 Stunden von Tatjana und die 40 von Viktor. Und wer dieses jeweils individuelle Kontingent überschreitet, solle auch einen Überstundenzuschlag erhalten. Aus der individuellen Perspektive leistet Tatjana 5 Stunden mehr, als sie muss. Genauso wie Viktor. Und in diesem Punkt wären dann Tatjana und Viktor gleich zu behandeln, nämlich jeweils mit 5 Stunden und Überstundenzuschlag zu versehen. Auch das Argument mit der besonderen Belastung überzeugt regelmäßig nicht. Denn die besondere Belastungssituation ergibt sich doch nicht aus einem möglichst hohen Stundenkontingent pro Woche. Sondern aus dem Abweichen von der Norm, nach der sich alle richten. Und wenn die Norm bei Tatjana 20 Stunden sind, dann wird sich Tatjana auch auf diese 20 Stunden „eingerichtet“ haben bzgl. Kinder und Kitas oder Schulen, Mittagessen oder ähnlichem. Abweichungen von solch einem Mengengerüst können ähnlich wie bei einem Domino erhebliche Belastungen nach sich ziehen. Klingt überzeugend, wie ich finde.

Damit sind wir nicht allein. Denn auch das Bundesarbeitsgericht hat sich von der bisherigen Rechtsprechung distanziert und in der Entscheidung vom 19.12.2018 zu dem Az.: 10 AZR 231/18 geurteilt, Teilzeitmitarbeiter könnten bereits bei Überschreiten des individuellen Teilzeitkontingents Überstundenzuschläge verlangen. Die Entscheidung hat es in sich. Denn sie ist im Zusammenhang mit einem Tarifvertrag gefällt worden. Das Bundesarbeitsgericht hat die Bestimmung in dem zugrundeliegenden Tarifvertrag für unwirksam erachtet und den Tarifvertrag insoweit für unanwendbar. Die seitens des teilzeitbeschäfigten Klägers erhobenen Überstundenansprüche wurden diesem zugesprochen.

Auswirkungen auf die Praxis und eine Draufsicht auf die rechtliche Wirksamkeit flankierender Regelungen

Für die Praxis hat dies erhebliche Auswirkungen, insbesondere bei angesammelten Überstunden und Mehrarbeiten (Hinweis: Die Unterscheidung von Überstunden und Mehrarbeit spielt zukünftig kaum noch eine Rolle). Denn jede einzelne Stunde ist nachträglich mit dem vorgesehenen Zuschlag zu versehen.

Hinweis: Solche eine Pflicht der „Nachvergütung“ ergibt sich natürlich nur, wo es auch eine entsprechende Verpflichtung zur Bezahlung eines Zuschlags für Überstunden gibt. Das ist keinesfalls selbstverständlich. Aber häufig ist dies zu finden entweder im Arbeitsvertrag oder in einem auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifvertrag. Im Falle des TVöD ist dies übrigens eindeutig zu bejahen.

Pauschale Abgeltungsklauseln

Viele Arbeitgeber berufen sich bei solchen Fallgestaltungen auf Vertragsklauseln, nach denen geleistete Überstunden und Mehrarbeit pauschal mit Zahlung des Gehaltes abgegolten ist. Solche Klauseln hat das Bundesarbeitsgericht bereits vor längerer Zeit für unwirksam erklärt. Wirksam sind solche Klauseln nur dann, wenn aus ihnen hervorgeht, dass sich der pauschale Abgeltungsmechanismus nur bis zur Höchstgrenze der Arbeitszeit nach dem Arbeitszeitgesetzt bezieht (z.B. 5 Tage x 8 Stunden täglich = 40 Wochenstunden oder ausnahmsweise 5 Tage x 10 Stunden täglich = 50 Wochenstunden, wenn im Durchschnitt von 6 Monaten 8 Stunden pro Tag nicht überschritten werden) – darüber hinaus hat der Arbeitnehmer dann selbst mit solch einer Klauseln einen Anspruch auf Abgeltung jeder einzelnen Minute zusätzlich geleisteter Arbeit.

Ausschlussfristen

In anderen Fällen könnten sogenannte Ausschlussfristen die nachträglichen Vergütungsansprüche zu Fall bringen. Das setzt aber voraus, dass die Ausschlussfristen wirksam sind. Das sind sie nicht, wenn sie kürzer als 3 Monate bemessen sind. Das ist aber nicht die einzige Hürde. Denn seit Gelten des Mindestlohngesetzes müssen auch Vergütungsansprüche nach dem Mindestlohngesetzt ausdrücklich von der vertraglichen Ausschlussfrist ausgenommen sein, anderenfalls greift die Ausschlussfrist nicht.

Hinweis: Natürlich ist es für den einzelnen Arbeitgeber nicht so einfach, die unwirksamen Klauseln durch wirksam formulierte zu ersetzen. Denn dafür müsste ja der Arbeitsvertrag inhaltlich geändert werden. Und das geht nur dann, wenn auch der Arbeitnehmer unterschreibt. Warum sollte aber der Arbeitnehmer Vertragsänderungen unterschreiben, die nur für den Arbeitgeber günstig sind?

Risiken für den Arbeitgeber

Wenn weder wirksame pauschale Abgeltungsansprüche, noch Ausschlussfristen greifen, müssen die nachträglichen Abgeltungsansprüche automatisch gewährt werden. Es ist nicht damit getan, darauf zu warten, bis Arbeitnehmer geltend machen, maßgeblich ist das sogen. Entstehungsprinzip. Dies hilft insbesondere nicht im Falle von sozialversicherungsrechtlichen Betriebsprüfungen. Natürlich muss an dieser Stelle der Hinweis auf die Strafbarkeit der Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen erfolgen (§ 266a StGB), denn wo keine nachträgliche Vergütung von Überstunden und Mehrarbeit erfolgt, können denknotwenig auch keine Sozialversicherungsbeiträge abgeführt werden.

Handlungspflichten für Betriebsräte und Personalräte

Für Betriebsräte und Personalräte gibt es die nach dem Betriebsverfassungsgesetz und den Personalvertretungsgesetzen festgelegte Pflicht, darüber zu wachen, dass die zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Gesetze eingehalten werden. Natürlich zählt hierunter auch die Pflicht, für geleistete Arbeit (Überstunden, Mehrarbeit) auch die geschuldete Entlohnung zu erhalten. Nachvollziehen können Gremien dies über den Einblick in die Bruttolohnlisten wie auch die Arbeitszeitnachweise. Beides „nebeneinander“ gelegt ermöglicht eine Überprüfung, die – wohlbemerkt – wahrgenommen werden muss, nicht nur soll. Überdies empfiehlt es sich, bei den einschlägigen Kollektivvereinbarungen zur Arbeitszeit (Betriebsvereinbarung, Dienstvereinbarung) entsprechend klarstellende Hinweise aufzunehmen, z.B. mit der Formulierung „Die Arbeitgeberseite vergütet für jede geleistete Überstunden und Mehrarbeiten die nach dem Arbeitsvertrag bzw. dem Tarifvertrag geschuldete Überstundenvergütung“.

 

 

 

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